Software ist die zentrale Ingenieursaufgabe der modernen Welt — sie erfordert tiefes und breites technisches Wissen, um qualitativ hochwertige Ergebnisse sicherzustellen. Mit rapide wachsenden Systemen drängen sich aber zunehmend nicht-technische Fragen zur Kooperation zwischen den beteiligten Personen in den Vordergrund. Diese müssen auf dem gleichen quantitativen, faktenbasierten und verifizierbaren Niveau wie klassische natur- und ingenieurs-wissenschaftliche Probleme gelöst werden — nicht durch Spekulationen oder Vermutungen.
International verteilte Teams mit hunderten oder tausenden von Entwicklern sinnvoll aufzuteilen und zu vernetzen ist offensichtlich kein einfaches Problem. Viele der dazu verwendeten Management-Ansätze orientieren sich nur an persönlichen Erfahrungen oder gar Vermutungen, die einem Vergleich mit rigorosen, quantitativen Ingenieurstechniken nicht standhalten. Vor- und Nachteile unterschiedlicher Kollaborationsverfahren müssen aber ebenso gut wie andere Qualiätsindikatoren von Software verstanden werden.
Unser Codeface-Projekt, das sowohl auf wissenschaftlichen wie auch industriellen Vorarbeiten basiert, versucht, die soziologischen Aspekte der Softwareentwicklung auf das erforderliche Niveau an Exaktheit zu heben: Mathematische Modelle zur Kooperation werden durch maschinelles Lernen an großen Datenbasen (Tausende von Open Source-Entwicklern) kalibriert und durch systematische, quantitative Umfragen unter Entwicklern verifiziert, um aus erfolgreichen Projekten konkrete Ratschläge für neue Entwicklungsverfahren zu gewinnen. Ein dynamisches Web-Frontend erlaubt es, Projekte von den groben Strukturen bis in die kleinsten Details zu begutachten, um Defizite und Stärken objektiv zu erkennen. Ein interdisziplinäres Team aus Informatikern, Naturwissenschaftlern und Psychologen hat dazu beigetragen, durch Anwendung und Kombination von Erkenntnissen aus Mathematik, Physik, Soziologie und Linguistik für ein besseres Verständnis von Softwareentwicklung zu sorgen. Die Forschung an Codeface wird durch verschiedene studentische Projekte an der der OTH Regensburg und bei akademischen und kommerziellen Partnern aktiv weitergetrieben.
Codeface ist als Open Source-Software (GPLv2) auf Github verfügbar. Die Homepage beschreibt technische Details.